Ordensgeschichte
Die erste Niederlassung des aus Frankreich stammenden „Ordens der Schwestern des guten Hirten“ in Berlin war im Jahr 1858 in Charlottenburg gegründet worden, um sich der im Zuge der Industrialisierung zunehmenden Not der Jugend in der Großstadt anzunehmen. Viele Mädchen und junge Frauen waren Opfer von Geldnot und Armut, Prostitution und Kriminalität, Obdachlosigkeit und familiärer Entwurzelung. Im Kloster Vom Guten Hirten sollten sie auf einen Neuanfang vorbereitet werden durch Fürsorge, Schule, Arbeit und Lehre in der Hauswirtschaft und Landwirtschaft.
Das Kloster in Charlottenburg wurde bald zu klein, so dass 1887 eine zweite Niederlassung in Reinickendorf und schließlich, als Ersatz für Charlottenburg, das erheblich größere Kloster in Marienfelde gebaut wurde.
Das Ziel des weltweit operierenden Ordens war und ist noch heute die Fürsorge für Mädchen und Frauen in schwierigen persönlichen und familiären Lebens- und Krisensituationen.
Leben und Alltag im Kloster
Zunächst beschränkte sich die Aufgabe des Klosters auf die Versorgung, Erziehung und Ausbildung der Mädchen. In der klostereigenen Wäscherei, die erheblich zur Finanzierung des Klosters beitrug, wurde für Berliner Hotels und Firmen aber auch Privatleute gewaschen und geplättet, in der Schneiderei genäht. Im Garten und auf den Feldern wurden Obst, Gemüse und Getreide angebaut.
Das Kloster war wie eine Stadt in der Stadt.
Zu den Zeiten der beiden Weltkriege war im Kloster ein Lazarett mit 100 Betten eingerichtet. Die Pflege der Kranken meisterten die Schwestern und ihre Zöglinge zusätzlich zu allen schon vorhandenen Arbeiten. Während der NS-Herrschaft konnten die Schwestern ihre „schwererziehbaren Mädchen“ vor der drohenden Deportation schützen. Auch konnten sie im Kloster vereinzelt jüdische Kinder versteckt halten.
Nach dem zweiten Weltkrieg war das Kloster eine wichtige Anlaufstelle für Flüchtlinge aus dem Osten Europas, bis die Kapazitäten nicht mehr ausreichten und daraufhin das Notaufnahmelager Marienfelde errichtet wurde.
Bis zum Mauerbau 1961 fanden in den Gebäuden des Klosters viele junge Mädchen aus der DDR Versorgung und Unterkunft, um an West-Berliner Schulen das Abitur zu machen oder an der FU zu studieren. Eine nach dem Krieg neu errichtete Hauswirtschaftsschule war das Sprungbrett für Erzieher-, Kranken- und Gastronomieberufe.
Nach dem Mauerbau fanden sich kaum noch junge Mädchen, die Unterkunft brauchten oder „Hauswirtschaft“ erlernen wollten und so wurde das Kloster 1967 aufgegeben.Das Bischöfliche Ordinariat Berlin kaufte das Kloster und baute es in den 1970er Jahren um. Die Kirchengemeinde Vom Guten Hirten wird 1970 als seelsorglich selbständige Kuratie im Verband mit der Nachbargemeinde St. Alfons gegründet.
„Rund um den Guten Hirten“ befinden sich heute in den Seitenflügeln der Kirche ganz unterschiedliche Einrichtungen des Erzbistums Berlin und der Caritas:Grund- und Hauptschule St. Hildegard, Hort der St. Alfons Grundschule, ein Behindertenwohnheim für Erwachsene und zwei Seniorenhäuser.
Im Empfangsgebäude des ehemaligen Klosters sind die Gemeinderäume und die Pfarrbücherei sowie eine Migrationsberatungsstelle der Caritas untergebracht.
Im früheren Haus des Klosterrektors befindet sich heute das Pfarrhaus mit dem zentralen Pfarrbüro.