Die Entwicklung des Dorfangersclose
Der Dorfanger von Marienfelde ist eine der am besten erhaltenen Dorflagen von Berlin. Der von ein- bis zweigeschossigen Bauernhäusern umgebene Anger vermittelt einen Eindruck von der ehemals ländlichen Lebenswelt eines märkischen Dorfes. Die zwei Angerstraßen umgeben den von Nordwesten nach Südosten ausgerichteten Anger und vereinen sich im Westen am sogenannten „Nassen Dreieck“ und gehen im Osten in den Gutspark über. Zwei eiszeitliche Pfuhle waren wahrscheinlich die Voraussetzung für die Ansiedlung von Menschen an dieser Stelle. Im 12. Jahrhundert begann etappenweise die Besiedlung durch deutsche Siedler unter Führung der jeweiligen Markgrafen oder Erzbischöfe. Das Territorium der Tempelritter umfasste u. a. die Dörfer Tempelhof, Mariendorf und Marienfelde. In Marienfelde wird dies durch den Bau der Dorfkirche am Beginn des 13. Jahrhunderts dokumentiert. Die Kirche gilt als eines der ältesten durchgehend genutzten Gebäude von Berlin. An den alten, seit 1890 nicht mehr benutzten Kirchhof, erinnern mehrere Grabsteine und -kreuze des 19. und 20. Jahrhunderts.
Die Dorfteiche
Der östlich gelegene Schmiedeteich wurde als Feuerlöschteich genutzt. Der Kirchteich diente ursprünglich als Viehtränke, Waschplatz, Lebensbereich fürs Federvieh und für Fische. Selbst die Bewohner gingen zum Baden ins Wasser. Der Initiative eines Marienfelder Bürgers - verbunden mit privaten Spenden - ist es zu verdanken, dass durch den Bau eines Brunnens mit Pumpe im Jahr 2017 der durch Verdunstung entstehende Wasserverlust ausgeglichen werden kann.
Das Bauerndorf wächst und verändert sich
Marienfelde war um 1711 ein Bauerndorf mit 13 Bauernhöfen und drei Kossätenstellen, die den Dorfanger umgaben. Laut den Aufzeichnungen von Pfarrer Dirschel lebten mit den Mägden und Knechten um diese Zeit ca. 126 Menschen im Dorf. Sie besaßen 796 Stück Vieh. Zwischen den Gehöften waren auch Handwerksbetriebe und Händler angesiedelt, die für die Gemeinde von Wichtigkeit waren wie Fleischermeister, Milchhändler, Lebensmittelhändler und Gastwirte.
Zwei Wohnhäuser dürfen als die ältesten im Dorf bezeichnet werden. An dem Haus Alt-Marienfelde 38 lässt sich die Entwicklung der letzten drei Jahrhunderte ablesen. Es wurde vom Berliner Hofrat Brimsleben in der Mitte des 18. Jahrhunderts als eingeschossiges Fachwerkhaus errichtet und diente vermutlich als Unterkunft für Landarbeiter. Vom Bautyp her ähnelt es einem friderizianischen Kolonistenhaus. Um 1785 wurde ein zweites Fachwerkgeschoss aufgesetzt. Um 1860 ließ der Hausbesitzer das Wohnhaus nach Westen um eine Achse erweitern. Seitdem hat sich das Äußere mit der Putzfassade nicht mehr verändert. Seit 2017 wird das Haus nach dreijähriger Sanierung wieder bewohnt.
Auf dem Grundstück Alt-Marienfelde 12/12A steht das als Kossätenhaus bekannte Wohngebäude. Der linke Teil des Hauses ist vor 1800 gebaut worden und erstmals auf dem Plan von 1801 zu erkennen. Die ursprüngliche Raumaufteilung mit Schwarzer Küche, Kamin, Keller und Räucherkammer ist nahezu vollständig erhalten. Der enge fensterlose Küchenraum besitzt noch den alten, durchgehenden Rauchabzug. In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die rechte Haushälfte angebaut.
Bereits im 18. Jahrhundert begannen vermögende Beamte aus der Residenzstadt Berlin Bauernhöfe in Marienfelde zu kaufen, meistens ohne sie selbst zu bewirtschaften. Das Land wurde zum Spekulationsobjekt. Im frühen 19. Jahrhundert trennte sich die Stadt Berlin vom Besitz ihrer Güter im Süden. Mehrere Bauernhöfe wurden zu einem Gutshof vereint und als sogenanntes Rittergut verkauft. Nach mehrmaligem Eigentümerwechsel gelangte das Gut 1844 in den Besitz von Adolf Kiepert.
1862 wurde die Grabanlage der Familie Adolf Kiepert auf dem Kirchhof angelegt.
Das erste Schulhaus befand sich an der südlichen Mauer. Um 1787 wurde es ersetzt durch das Schul- und Hirtenhaus direkt südlich vom Kirchteich. In der Zeit von 1878 bis 1909 wurden insgesamt drei hintereinander gesetzte Schulgebäude und eine Turnhalle dem wachsenden Bedarf entsprechend am westlichen Teil des Dorfangers gebaut. Das Haus der „Alten Dorfschmiede“ der Schmiedemeisterfamilien Sameisky und Grunack auf dem östlichen Teil des Angers existiert noch. Westlich vom Kirchteich erinnert heute das von Bildhauer Josef Merk erschaffene, 1922 eingeweihte Gefallenendenkmal an die Toten der beiden Weltkriege.
Aus Bauernhäusern werden Villen
Durch den weiteren Zuzug von Bauern und Handwerkern und durch den Ausbau der Verkehrswege verbesserte sich die wirtschaftliche Situation mancher Landwirte am Dorfanger. Mehrere Häuser wurden neu errichtet, umgebaut und aufgestockt. Dabei hat man sich an ein einheitliches Prinzip gehalten, was z.B. durch die villenartigen Anwesen in Alt-Marienfelde 2, 23 und 25 verdeutlicht wird. Mit der in der Mitte angeordneten offenen Veranda, die einen Balkon trägt und der reich geschmückten Giebelfront machen die Gebäude einen herrschaftlichen Eindruck. Neben dem Gut Marienfelde, der größten Hofanlage, gibt es noch zwei Bauernhöfe, Alt-Marienfelde 2 und 37, die eine vollständige Hofbebauung mit Remise, Stall und Scheune besitzen. Inzwischen ist die Einwohnerzahl von Marienfelde auf über 32.000 Menschen angewachsen.